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Geschichte des "Klappdaches"

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    Geschichte des "Klappdaches"

    Hier ein Artikel aus der FAZ:

    19. März 2007
    Cabrios Die Sonne auf dem Blechdach

    Der Augustinerabt Gregor Johann Mendel (1822 bis 1884) benötigte viele Jahre für die erfolgreiche Kreuzung von Erbsen und Bohnen und seine daraus resultierenden Vererbungsgesetze. Die Automobilbranche nennt heute die Umsetzung seines Lebenswerks neudeutsch Crossover und strebt die Erschaffung der eierlegenden Wollmilchsau auf Breitreifen an. Statt simpler Limousinen und Kombis buhlen immer mehr viertürige Coupes, allradgetriebene Diesel-Cabriolets oder hochgesetzte Vielzweckfahrzeuge namens SUV um die Gunst der Käufer. Da ist die Gefahr groß, dass sich die Charaktere verwischen. Das gilt auch für Autos, bei denen man das Dach nicht nur öffnen, sondern komplett nach hinten schieben kann. Wie ein passgenauer zweiter Deckel Die reine Lehre vom offenen Auto mit Stoffverdeck hat schon 1996 der Mercedes-Benz SLK aufgeweicht, als er mit seinem Variodach die Renaissance des elektrohydraulisch versenkbaren Stahlblechdachs einleitete. Seit Beginn des neuen Jahrtausends gedeiht die Spezies dieser Coupe-Cabrio-Zwitter - im Fachjargon RHT (Retractable Hardtop) genannt - üppiger als Wiesenchampignons nach einem warmen Sommerregen. Auf dem deutschen Markt konnten sie dann 2004 erstmals die Zulassungszahlen der klassischen Open-Air-Modelle mit Stoffmütze überflügeln. Als Erfinder des einklappbaren Blechdachs gilt der Pariser Zahnarzt Georges Auguste Paulin. Er hatte gemeinsam mit dem Karosseriebauer Marcel Pourtout den Peugeot 401 Eclipse entworfen, der 1934 auf dem Pariser Automobilsalon ungläubiges Staunen verursachte: Sein einteiliges Blechdach ließ sich elektrohydraulisch im voluminösen Kofferraum versenken. Der zuvor entwickelte Prototyp hatte übrigens schon ein zweiteiliges Hardtop besessen, das mit Hilfe eines komplizierten Ketten- und Rollensystems im Heck verschwand. Von 1934 bis 1937 verkaufte Peugeot mehr als hundert Eclipse-Versionen der Modelle 401, 402 und 601. Schon sieben Jahre vor Paulin hatte allerdings der Amerikaner George Ellerbeck eine ähnliche Idee verwirklicht, wie der Automobilhistoriker Halwart Schrader berichtet. Das 1927 vorgestellte „Ellerbeck Convertible Coupe” besaß ein festes Dach, das sich mit Hilfe der damals bei Cabriolets üblichen außenliegenden Sturmstangen auf den rundlichen Kofferraum absenken ließ, wo es wie ein passgenauer zweiter Deckel auflag. Dank eines sinnreichen Federmechanismus konnte man auf diese Weise ohne großen Kraftaufwand das zweisitzige Coupe in ein Cabriolet verwandeln. Hardtop im Rucksack In Serie ging das damals auch in der europäischen Fachpresse vorgestellte Ellerbeck Convertible Coupe allerdings nie, es blieb ein Prototyp. Der diente zwei Jahrzehnte später der Playboy Motor Car Corporation im amerikanischen Buffalo als Vorbild für ein recht anmutiges Cabriolet mit auf dem Heck liegenden Hardtop. Von 1948 bis 1951 wurde der Playboy immerhin fast hundertmal gekauft. Wesentlich höhere Stückzahlen erreichte von 1956 an der 5,27 Meter lange Straßenkreuzer Ford Fairlane 500 Retractable, dessen Blechdach wie beim Peugeot Eclipse elektrohydraulisch im riesigen Kofferraum versank. Ford ließ sich übrigens damals den später zum Gattungsbegriff gewordenen Begriff „Retractable” (englisch: einziehbar, einklappbar) namensrechtlich schützen und wurde schon vierzig Jahre vor dem Debüt des Mercedes SLK zum Wegbereiter der Coupe-Cabrio-Idee: Von 1956 bis 1960 fanden mehr als 93.000 Retractables der Baureihen Fairlane, Skyliner und Sunliner den Weg zum Käufer. Die faszinierende Idee vom Cabrio, das sein Hardtop allzeit bereit im Rucksack mit sich führt, ließ in der Folgezeit die Automobilbauer offenbar nicht mehr los. So präsentierten beispielsweise die Kölner Fahrzeugwerke Peter Bauer 1961 auf der Frankfurter IAA den Ford Sportolet auf Basis des zweitürigen Ford 17 M. Sein mit zwei Spannhebeln am Frontscheibenrahmen befestigtes Stahldach ließ sich nach dem Entriegeln mechanisch absenken. Auch für Kassenpatienten erschwinglich Gleichzeitig tauchten die klappbare Heckscheibe und die hinteren Seitenfenster in entsprechende Aussparungen ab. Zwei Ausgleichsfedern sorgten für leichte Bedienbarkeit. Das heruntergelassene Dach deckte den Raum hinter den Vordersitzlehnen ab und ließ sich bei Bedarf bis über den Kofferraumdeckel schieben, so dass wahlweise ein zwei- oder viersitziges Cabriolet entstand. Im Frühjahr 1983 zeigte der Frankfurter Tuner Rainer Buchmann auf dem Genfer Salon seinen bb Magic Top 7, ein Mercedes-Benz 500 SEC Coupe, dessen modifiziertes zweiteiliges Dach elektrisch im Kofferraum verschwand. Ein halbes Jahr später präsentierte der glücklose Autobauer Walter Treser auf der IAA den Audi Quattro Roadster, dessen Hardtop sich elektrisch unter einer eigenen Abdeckhaube hinter den Sitzen versenken ließ. Der Kofferraum blieb ungeschmälert erhalten. Immerhin rund fünfzig Exemplare des ausnehmend hässlichen Coupe-Cabrios konnte Treser bis 1986 verkaufen, die meisten da-von nach Amerika. Wer geglaubt hatte, solche exotische Kreuzungen seien lediglich ein kurzlebiger Irrtum der automobilen Evolution, wurde 1996 durch den Verkaufserfolg des Mercedes-Benz SLK eines Besseren belehrt. Den endgültigen Durchbruch schaffte dann vier Jahre später der Peugeot 206 CC, der das RHT-Konzept auch für Kassenpatienten erschwinglich werden ließ. Vom Kofferraum bleibt nicht mehr viel übrig Neben dem bis heute rund 360.000-mal gebauten und jüngst als 207 CC erneuerten Dauerbrenner aus dem Peugeot-Werk Mulhouse zählen wir im aktuellen Modellangebot auf dem deutschen Markt 15 weitere Blechdach-Cabrios, wobei sozialverträgliche Modelle wie Daihatsu Copen, Nissan Micra C+C, Mitsubishi Colt CZC, Opel Tigra Twin Top, Opel Astra Twin Top, Volkswagen Eos, Peugeot 307 CC, Ford Focus oder Renault Megane CC deutlich in der Überzahl sind. Im Premiumbereich können die Käufer zwischen Cadillac XLR, Lexus SC 430 und Mercedes-Benz SL wählen. Volvo hat bereits im Vorjahr sein klassisches C70-Cabrio mit Stoffmütze durch das gleichnamige Pendant mit Blechhut ersetzt. Diesen Schritt vollzieht demnächst auch BMW mit dem 3er-Cabriolet und Mazda mit seinem Kultroadster MX-5, den es künftig in beiden Varianten geben wird. Die Vorzüge von RHT-Cabriolets sind erhöhte Einbruchssicherheit, verstärkter Überrollschutz, höhere Verwindungssteifigkeit und besserer Schutz vor Witterungseinflüssen. Die systemimmanenten Nachteile bekamen bereits in den fünfziger Jahren die Käufer des Ford Fairlane Retractable zu spüren: Das Auto wird deutlich schwerer, und vom Kofferraum bleibt nicht mehr allzu viel übrig. Mehrteilige Hardtops und verfeinerte Dachkinematik haben heute dieses konstruktionsbedingte Manko etwas entschärft, aber keineswegs beseitigt. Klassische Stoffdach-Cabrios im Aufwind So beträgt beispielsweise das Kofferraumvolumen des 4,08 Meter langen Mercedes-Benz SLK bei offenem Dach magere 210 Liter: weniger, als der im Vorjahr sanft entschlafene 3,65 Meter kurze Bonsai-Roadster Ford Streetka zu bieten hatte (215 Liter). Im Opel Tigra Twin Top zeigt der französische RHT-Spezialist Heuliez, wie man durch raumsparende Ablage der Dachteile das Kofferraumvolumen trotz nur 3,92 Meter Außenlänge immerhin auf 250 Liter steigern kann. Die Vorteile des Stoffdachs sind nicht nur vernünftiger Natur. Im Cabrio oder im Roadster geht es um die Nähe zu den Elementen und um die Feinheit der Empfindungen. Schnödes Blech würde nur stören. Nach Einschätzungen von Marktforschern wird sich der Trend zum Blechdach künftig beim Verhältnis von etwa zwei zu eins zugunsten der RHT-Cabrios einpendeln. Chefanalyst Ulrich Winzen von R. L. Polk Marketing Systems sieht bis 2010 allerdings auch wieder die klassischen Stoffdach-Cabrios im Aufwind. Altgediente Austin-Healey- oder Morgan-Piloten werden freudig applaudieren: In ihrem Weltbild hatten die modischen Blechdach-Zwitter ohnehin nie einen Stellplatz gefunden.

    Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Hans W. Mayer Anzeige © F.A.Z. Electronic Media GmbH 2007 FAZ.NET

    @moderatoren: ich hoffe, das geht, diesen artikel hier zu veröffentlichen, ansonsten bitte löschen! danke !
    Grüsse von Music
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