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An der drehstab-gefederten Hinterachse des 206cc gehen bekanntermaßen in höherem Alter und mit höheren Laufleistungen relativ häufig die Nadellager der Schwingarme defekt durch eindringendes Wasser und damit einhergehende Korrosion. Leider wird dann sehr häufig auch der Achsbolzen in Mitleidenschaft gezogen. Zumeist wird dann ein kompletter Austausch der Hinterachse empfohlen.
Zur Lösung gibt es mehrere Ansätze:
a) fahr in die Werkstatt, dort wird dann für viel Geld ein komplett neuer Hinterachskörper verbaut,
b) versuche Dein Glück mit einem generalüberholten Gebrauchtteil und suche Dir jemanden, der das einbaut oder –wenn man auf derartige nur online beziehbare Teile nicht so sehr steht und seine eigenen Teile so weit wie möglich behalten möchte-
c) setze Deine Hinterachse instand.
Der folgende Text wendet sich an die Schrauber, die darauf Lust haben, sich das zutrauen und auch ein paar gute Werkzeuge für so etwas haben. Das ist nichts für einen 29,99-Werkzeugkasten vom Lebensmitteldiscounter. Man spart mit der Aktion sicherlich einiges Geld, Zeit sparen tut man beim ersten Mal sicherlich nur bedingt. Spaß am Basteln gehört also dazu, sonst läßt man das lieber und greift auf das überholte Gebrauchtteil zurück.
Wie immer: vom Schrauber für Schrauber, ohne Gewähr und ohne Haftung für irgendetwas – schrauben muß jeder selbst und wer selbst schraubt, ist auch selbst verantwortlich für das was er tut bzw. für die Folgen davon.
Ihr braucht:
Spezielles:
- eine Gewindestange M22 in ordentlicher Qualität und Festigkeit, mindestens 8.8, besser 10.9 falls man die irgendwo findet. Keine Baumarktware verwenden, Eisenwarenhändler konsultieren – die 8.8er kostet ca. 15€.
- 3-4 Muttern M22, Qualität mindestens genau so gut wie die Stange
- einen LKW-Radbolzen M22x1,5 in 10.9, Gewinde so lang wie möglich, oder eine entsprechende Schraube (gibts in entsprechenden Werkstätten und beim gut sortierten Eisenwaren-Händler)
- eine LKW-Radmutter M22x1,5 (gibt's z.B. bei Mercedes)
- Stahlrohr ca. 55 mm Innendurchmesser, 3-5 mm Wandstärke, Länge ist wichtig: 235 mm, kann man sich z.B. in einer Schlosserei zuschneiden lassen, dann sind auch die Schnittkanten schön parallel – oder wer das bei sich in der Nähe hat, bei ProKilo o.ä.
- Rundstahl ca. 22 mm Durchmesser, ca. 1500 mm lang
- Eine Stahlplatte, ca. 15-20 mm stark, ca. 80x100 mm
Ersatzteile:
- zwei Sätze neue Nadellager
- so viele Achsbolzen, wie defekt sind (bei mir war's einer)
Beides zu beziehen z.B. über www.liontech.de – ohne Werbung machen zu wollen, den Laden kann man nur weiterempfehlen.
Werkzeug:
- ordentlicher Steckschlüsselsatz
- 32mm-Stecknuß in ordentlicher Qualität, 3/4-Zoll-Antrieb, einen passenden Knebel dafür
- ein vernünftiges Schweißgerät, am besten mit Schutzgas, so um 150A sollte es können, etwas mehr schadet auch nicht
- einen Radlagerabziehersatz. Meiner kommt für ca. 50€ aus dem Auktionshaus, einer für 30€ kommt vermutlich vom gleichen Band in Fernost und ist nicht schlechter:
Dann kann es losgehen. Zuerst müssen die Hinterachse zerlegt und die Schwingarme ausgebaut werden. Dafür gibt es schon mehrere Anleitungen im Netz, daher nur kurz.
Fahrzeug hinten gleichmäßig aufbocken und gegen Wegrollen sichern, Hinterräder abnehmen.
Zuerst muß die Stabilisatorstange ausgebaut werden, diese läuft innen in der Hinterachstraverse. Auf der linken Seite Schraube 1 und Abdeckkappe 2 herausdrehen. Unter der Kappe wird ein Gewinde sichtbar, hier eine 10er Schraube eindrehen und dadurch den Hebelarm herausdrücken. Geht relativ einfach. Dann auf der rechten Seite die Schraube 1 herausdrehen, Abdeckung 2 gibt es dort nicht. Stabilisator nach rechts herausziehen. Auf beiden Seiten die Schrauben 3 und 4 von den Drehstäben lösen, die Exzenterscheiben herauspopeln und reichlich Rostlöser aufbringen.
Links. Der Stabilisator ist jetzt raus, darunter ist/war ein Dichtungsring, und hier sieht man die Misere schon. Alles voller Rostbrösel. Die Exzenterscheibe ist auf dem Bild noch drin.
Rechts. Sieht auch nicht schön aus, Wasser kommt herausgelaufen (!). Untere Exzenterscheibe noch drin, die obere (etwa auf 11 Uhr vom Achsrohr aus gesehen) ist schon raus.
Bremssattel abschrauben und mit Draht aufhängen (nicht einfach am Bremsschlauch hängen lassen, das mag der nicht), Halterungen von Bremsleitung und Handbremsseil losschrauben. Da die ABS-Sensoren nach vielen Jahren vermutlich nicht beschädigungsfrei aus den Radlagergehäusen ausgebaut werden können, habe ich sie am Fahrzeug ausgesteckt und eingebaut gelassen. Stoßdämpfer unten lösen.
Jetzt ganz wichtig: NACH Lösen des Stoßdämpfers die Position des Schwingarmes messen. Dieser Wert bestimmt nachher die Federvorspannung, und wenn man das nicht richtig wieder zusammenbaut, hat man das Auto hinterher tiefer- oder höhergelegt. Das wollen wir ja (hier) nicht.
Jetzt müssen die Drehstäbe herausgedrückt werden. Bei einem älteren Fahrzeug geht das vermutlich nur mit einer Kombination aus Geduld und Gewalt. Hierzu sollte man in das Gewinde des Drehstabes eine 8er Schraube fest eindrehen mit ein paar Unterlegscheiben drunter. Dann nehme man ein Metallrohr, ca. 20 mm Durchmesser und 2-3 mm Wandstärke, etwa 200 mm lang. Auf der rechten Seite auf den zum linken Schwingarm führenden Drehstab zielen und umgekehrt. 1,5 kg-Hammer zur Hand nehmen und dann gib ihm.
Mit Abziehern hatte ich keine Chance. Es ging wirklich nur mit Hammer, Gewalt und Geduld. Letztere darf man nicht verlieren, dann gibt der Drehstab irgendwann auf und rutscht raus. Der erste Millimeter ist der schwerste, der Rest "geht". Ein 3 kg-Hammer hat sich nicht bewährt, zu unhandlich und nicht zielgenau.
So sieht der Achszapfen rechts aus – der hat's hinter sich. Sollzustand: metallisch hoch glänzend mit absolut glatter Oberfläche. Der linke ging bei mir, obwohl Wasser herauslief. Er ließ sich mit Autosol (jeder Marinesoldat kennt das ) polieren bis zum Sollzustand. Sobald aber auch nur kleine Riefen oder gar Rostflecken drauf sind, ist der Zapfen defekt.
Das dazugehörige Nadellager, teilweise noch vorhanden, teilweise "zum Zusammenfegen". Einige der Nadeln sind bereits nicht mehr da.
Befund insgesamt hier: Achsbolzen links defekt, rechts kann weiter verwendet werden.
Achsbolzen herausziehen
Von der M22-Gewindestange ca. 200 mm abschneiden und auf das eine Ende eine hochfeste M22-Mutter aufschrauben. Zollstock zur Hand nehmen und messen, wie weit der Achsbolzen aus dem Achskörper herausschaut.
Die Mutter auf das Ende des Achsbolzens aufschweißen. Hoher Strom, ordentlich durchschweißen, die hier später auftretenden Kräfte liegen gut im zweistelligen Tonnenbereich. Wer nicht ordentlich schweißt, merkt das daran, dass nur die Gewindestange wieder herauskommt, aber nicht der Achsbolzen.
Die Gewindestange gründlichst (!) einfetten, z.B. mit MoS2-Fett von Antriebswellen. Ohne Einfetten wird die Aktion garantiert in die Hose gehen, weil das Gewinde festfrißt. Das 235 mm lange Metallrohr darüberstülpen, danach die Einzelteile vom Radlagerabzieherkasten darüberbasteln (Druckplatte, Axiallager, noch mehr Druckstücke, am Ende noch eine M22-Mutter).
Hierdrauf jetzt den 32mm-Schlüssel setzen und dann drehen, drehen, drehen. Das gibt dicke Arme. Man wird dazu sicherlich eine Rohrverlängerung von 1,50 bis 2 Meter Länge benötigen. Die aufzubringenden Drehmomente sind weit jenseits von 500 Nm, das ist also definitiv nichts für kleine 1/2-Zoll-Steckschlüssel. Gutes Werkzeug ist das A und O. Wenn die Gewindestange irgendwann zu weit rauskommt, um die Mutter noch mit der Nuß drehen zu können, löst man die Mutter wieder und legt weitere Druckplatten aus dem Radlagerabzieher-Kasten darunter, bis die Mutter wieder am Ende des Gewindes ist, und das Spiel geht weiter.
Wenn man alles richtig gemacht hat, hat man nach etwa einer halben Stunde schweißtreibender Dreherei so etwas vor sich liegen...
Und im Radhaus sieht es so aus.
Achtung. Das Querrohr der Hinterachse hält mit den beiden seitlichen Armen der Traverse nur durch den Achsbolzen zusammen und ist jetzt auf einer Seite lose. Daher, falls man beide Achsbolzen erneuern muß, seitenweise vorgehen, sonst liegt das Querrohr unten und ist vermutlich nur sehr schwierig wieder passgenau zu montieren. Einseitig lose ist kein Problem.
Neuen Achszapfen montieren
Nun baut man sich eine Zugvorrichtung, um nach gleichem Prinzip den neuen Achsbolzen in seinen Sitz hineinzuziehen. Den Sitz sollte man vorher gründlich reinigen (Schmirgel, insbesondere auch im Querrohr), danach Bremsenreiniger, dann einfetten. Sollte man im Querrohr Wasser vorfinden, wie bei mir, dieses so gut es geht entfernen (Druckluft, Heissluftfön). Den neuen Achsbolzen in der Nacht vorher ins Gefrierfach legen, dann schrumpft er ganz minimal ein, was dem leichteren Einpressvorgang zuträglich ist.
Dann baut man sich das Einziehwerkzeug.
Man nehme die 22 mm-Rundstange und schneide sie auf eine geeignete Länge zu (genaues Maß am Fahrzeug abnehmen). An einem Ende (1) wird die Platte aufgeschweißt mit einem kurzen Zapfen dran, den man auch aus der Rundstange zuschneidet.
Die Rundstange 2 mit dem Rest der Gewindestange 3 verschweißen. Achtung, ordentlich schweißen! Da sind nachher über 15 Tonnen Zug drauf. Zu Position 4 gleich noch mehr, man kann das erstmal "ohne" versuchen.
Über den Achsbolzen der Gegenseite das 235 mm-Rohr stülpen und das Einziehwerkzeug durch das Querrohr der Hinterachse schieben. Auf den Zapfen steckt man ein weiteres Rohr zum Abstützen, damit sich das Einziehwerkzeug nachher nicht mitdreht.
Auf der anderen Seite die Gewindestange gründlichst(!) einfetten. Darüber schiebt man dann: neuen Achsbolzen, Druckstücke vom Radlagerabzieher, Mutter M22. Achsbolzen richtig herum ansetzen, er ist nicht symmetrisch! Und dann: drehen, drehen, drehen. Wenn das Gewinde zu weit herausschaut, nächstes Druckstück vom Radlagerabzieher unterlegen und weiter. Achtung: auch hier treten weit über 500 Nm auf, ordentliches Werkzeug verwenden!
Idealerweise sollte sich der Achsbolzen auf diese Weise ganz hineinziehen lassen. Achtung: nicht zu tief einpressen, es gibt da keinen Anschlagpunkt. Das richtige Maß sollte man vorher abgenommen haben, oder man holt es von der Gegenseite. Bei mir waren es 107 mm. Das Querrohr zuvor so in Position bringen, daß sich der Bolzen gerade hineinziehen läßt. Ggf. Wagenheber unterstellen. Darauf achten, daß der Bolzen auch wirklich gerade hineingezogen wird und nicht verkantet.
Falls die M22-Gewindestange dabei aufgibt und auch eine neue Mutter nicht hilft, kommt jetzt der LKW-Radbolzen zum Einsatz.
Diesen vorne an die Gewindestange anschweißen, danach kann man mit der LKW-Radmutter weiterdrehen. (Im Bild weiter oben Position 4). Auch hier vorher gründlichst einfetten.
Vorteile: 10.9er Festigkeit gibt so schnell nicht auf. Das Feingewinde bringt noch mehr Zugkraft. Und die Radmutter hat mehr Gewindegänge, kann also noch höhere Drehmomente übertragen.
Nachteil: man "darf" wegen der feineren Gewindesteigung noch mehr drehen und der Arbeitsweg ist kleiner, weil das Gewinde nicht so lang ist. Man muß also öfter weitere Druckstücke vom Radlagerabzieher unterlegen. So schlimm ist das aber auch nicht.
Der Lkw-Radbolzen läßt sich nach gleichem Prinzip übrigens auch zum Herausziehen des Achsbolzens einsetzen, falls es oben mit der 22er-Gewindestange allein nicht klappen sollte. Auch die Ausziehkraft wird damit auch nochmals deutlich höher.
Danach sieht es im Idealfall so aus.
Schwingarme überholen und Lager wechseln
Was jetzt kommt, ist eigentlich "nur noch Fleiß".
Die alten Lager mittels Hammer und Splinttreiber aus den Schwingarmen heraustreiben. Vorsicht, dabei nicht den Lagersitz im Schwingarm beschädigen. Die Lagersitze gründlichst entrosten, auch die Fläche davor, wo später die Dichtung zu sitzen kommt. Drahtbürste oder besser eine rotierende Bürste auf der Bohrmaschine (Schutzbrille!).
Lagersitze reinigen (Druckluft, Bremsenreiniger) und einfetten. Schließlich will man nicht, daß die Lager festrosten, vielleicht will/muß man sie irgendwann doch noch einmal wieder ausbauen. Die Kerbverzahnung der Drehstäbe ebenfalls gründlich reinigen und –für spätere Zerlegbarkeit- mit Kupferfett, Schrauben-/Bremsenpaste o.ä. bestreichen.
Die Dichtflächen an den Hebeln der Stabilisatorstange nicht vergessen, gründlich reinigen und einfetten. Man kann/sollte auch gleich die ganze Stange einfetten, hat den Vorteil, daß sie nicht mehr rosten kann.
Die neuen Lager mittels Radlagerabzieher in ihren Sitz einziehen. Keinesfalls mit dem Hammer eintreiben, dabei würde man sie unter Garantie beschädigen. Danach die Lager auch noch einmal innen gut einfetten und die Dichtung außen einsetzen.
Zusammenbau in umgekehrter Reihenfolge.
Die Achsbolzen beidseits gründlich reinigen und dann einfetten. Nacheinander beide Schwingarme wieder ansetzen und unter leichten Auf- und Ab-Bewegungen unter "sanften" Hammerschlägen wieder auf die Achsbolzen auftreiben. Eine zweite Person auf der Gegenseite ist dabei sehr hilfreich, die dafür Sorge trägt, daß der Drehstab wieder an seinen richtigen Platz zurückkehrt. Mit Zollstock prüfen, daß auch die richtige Höhe wieder eingestellt wird, schließlich wollen wir hier keine einseitige Tieferlegung machen.
Dann die Exzenterscheiben wieder montieren. Danach die Stoßdämpfer, Bremssättel, Beläge, Halterungen wieder anschrauben, ABS-Sensoren anstecken, Räder dran – fertig. :-)
Fragen und Anregungen jederzeit willkommen.
Wer's nachmachen will – viel Erfolg beim Schrauben :-)
Viele Grüße
Thomas
An der drehstab-gefederten Hinterachse des 206cc gehen bekanntermaßen in höherem Alter und mit höheren Laufleistungen relativ häufig die Nadellager der Schwingarme defekt durch eindringendes Wasser und damit einhergehende Korrosion. Leider wird dann sehr häufig auch der Achsbolzen in Mitleidenschaft gezogen. Zumeist wird dann ein kompletter Austausch der Hinterachse empfohlen.
Zur Lösung gibt es mehrere Ansätze:
a) fahr in die Werkstatt, dort wird dann für viel Geld ein komplett neuer Hinterachskörper verbaut,
b) versuche Dein Glück mit einem generalüberholten Gebrauchtteil und suche Dir jemanden, der das einbaut oder –wenn man auf derartige nur online beziehbare Teile nicht so sehr steht und seine eigenen Teile so weit wie möglich behalten möchte-
c) setze Deine Hinterachse instand.
Der folgende Text wendet sich an die Schrauber, die darauf Lust haben, sich das zutrauen und auch ein paar gute Werkzeuge für so etwas haben. Das ist nichts für einen 29,99-Werkzeugkasten vom Lebensmitteldiscounter. Man spart mit der Aktion sicherlich einiges Geld, Zeit sparen tut man beim ersten Mal sicherlich nur bedingt. Spaß am Basteln gehört also dazu, sonst läßt man das lieber und greift auf das überholte Gebrauchtteil zurück.
Wie immer: vom Schrauber für Schrauber, ohne Gewähr und ohne Haftung für irgendetwas – schrauben muß jeder selbst und wer selbst schraubt, ist auch selbst verantwortlich für das was er tut bzw. für die Folgen davon.
Ihr braucht:
Spezielles:
- eine Gewindestange M22 in ordentlicher Qualität und Festigkeit, mindestens 8.8, besser 10.9 falls man die irgendwo findet. Keine Baumarktware verwenden, Eisenwarenhändler konsultieren – die 8.8er kostet ca. 15€.
- 3-4 Muttern M22, Qualität mindestens genau so gut wie die Stange
- einen LKW-Radbolzen M22x1,5 in 10.9, Gewinde so lang wie möglich, oder eine entsprechende Schraube (gibts in entsprechenden Werkstätten und beim gut sortierten Eisenwaren-Händler)
- eine LKW-Radmutter M22x1,5 (gibt's z.B. bei Mercedes)
- Stahlrohr ca. 55 mm Innendurchmesser, 3-5 mm Wandstärke, Länge ist wichtig: 235 mm, kann man sich z.B. in einer Schlosserei zuschneiden lassen, dann sind auch die Schnittkanten schön parallel – oder wer das bei sich in der Nähe hat, bei ProKilo o.ä.
- Rundstahl ca. 22 mm Durchmesser, ca. 1500 mm lang
- Eine Stahlplatte, ca. 15-20 mm stark, ca. 80x100 mm
Ersatzteile:
- zwei Sätze neue Nadellager
- so viele Achsbolzen, wie defekt sind (bei mir war's einer)
Beides zu beziehen z.B. über www.liontech.de – ohne Werbung machen zu wollen, den Laden kann man nur weiterempfehlen.
Werkzeug:
- ordentlicher Steckschlüsselsatz
- 32mm-Stecknuß in ordentlicher Qualität, 3/4-Zoll-Antrieb, einen passenden Knebel dafür
- ein vernünftiges Schweißgerät, am besten mit Schutzgas, so um 150A sollte es können, etwas mehr schadet auch nicht
- einen Radlagerabziehersatz. Meiner kommt für ca. 50€ aus dem Auktionshaus, einer für 30€ kommt vermutlich vom gleichen Band in Fernost und ist nicht schlechter:
Dann kann es losgehen. Zuerst müssen die Hinterachse zerlegt und die Schwingarme ausgebaut werden. Dafür gibt es schon mehrere Anleitungen im Netz, daher nur kurz.
Fahrzeug hinten gleichmäßig aufbocken und gegen Wegrollen sichern, Hinterräder abnehmen.
Zuerst muß die Stabilisatorstange ausgebaut werden, diese läuft innen in der Hinterachstraverse. Auf der linken Seite Schraube 1 und Abdeckkappe 2 herausdrehen. Unter der Kappe wird ein Gewinde sichtbar, hier eine 10er Schraube eindrehen und dadurch den Hebelarm herausdrücken. Geht relativ einfach. Dann auf der rechten Seite die Schraube 1 herausdrehen, Abdeckung 2 gibt es dort nicht. Stabilisator nach rechts herausziehen. Auf beiden Seiten die Schrauben 3 und 4 von den Drehstäben lösen, die Exzenterscheiben herauspopeln und reichlich Rostlöser aufbringen.
Links. Der Stabilisator ist jetzt raus, darunter ist/war ein Dichtungsring, und hier sieht man die Misere schon. Alles voller Rostbrösel. Die Exzenterscheibe ist auf dem Bild noch drin.
Rechts. Sieht auch nicht schön aus, Wasser kommt herausgelaufen (!). Untere Exzenterscheibe noch drin, die obere (etwa auf 11 Uhr vom Achsrohr aus gesehen) ist schon raus.
Bremssattel abschrauben und mit Draht aufhängen (nicht einfach am Bremsschlauch hängen lassen, das mag der nicht), Halterungen von Bremsleitung und Handbremsseil losschrauben. Da die ABS-Sensoren nach vielen Jahren vermutlich nicht beschädigungsfrei aus den Radlagergehäusen ausgebaut werden können, habe ich sie am Fahrzeug ausgesteckt und eingebaut gelassen. Stoßdämpfer unten lösen.
Jetzt ganz wichtig: NACH Lösen des Stoßdämpfers die Position des Schwingarmes messen. Dieser Wert bestimmt nachher die Federvorspannung, und wenn man das nicht richtig wieder zusammenbaut, hat man das Auto hinterher tiefer- oder höhergelegt. Das wollen wir ja (hier) nicht.
Jetzt müssen die Drehstäbe herausgedrückt werden. Bei einem älteren Fahrzeug geht das vermutlich nur mit einer Kombination aus Geduld und Gewalt. Hierzu sollte man in das Gewinde des Drehstabes eine 8er Schraube fest eindrehen mit ein paar Unterlegscheiben drunter. Dann nehme man ein Metallrohr, ca. 20 mm Durchmesser und 2-3 mm Wandstärke, etwa 200 mm lang. Auf der rechten Seite auf den zum linken Schwingarm führenden Drehstab zielen und umgekehrt. 1,5 kg-Hammer zur Hand nehmen und dann gib ihm.
Mit Abziehern hatte ich keine Chance. Es ging wirklich nur mit Hammer, Gewalt und Geduld. Letztere darf man nicht verlieren, dann gibt der Drehstab irgendwann auf und rutscht raus. Der erste Millimeter ist der schwerste, der Rest "geht". Ein 3 kg-Hammer hat sich nicht bewährt, zu unhandlich und nicht zielgenau.
So sieht der Achszapfen rechts aus – der hat's hinter sich. Sollzustand: metallisch hoch glänzend mit absolut glatter Oberfläche. Der linke ging bei mir, obwohl Wasser herauslief. Er ließ sich mit Autosol (jeder Marinesoldat kennt das ) polieren bis zum Sollzustand. Sobald aber auch nur kleine Riefen oder gar Rostflecken drauf sind, ist der Zapfen defekt.
Das dazugehörige Nadellager, teilweise noch vorhanden, teilweise "zum Zusammenfegen". Einige der Nadeln sind bereits nicht mehr da.
Befund insgesamt hier: Achsbolzen links defekt, rechts kann weiter verwendet werden.
Achsbolzen herausziehen
Von der M22-Gewindestange ca. 200 mm abschneiden und auf das eine Ende eine hochfeste M22-Mutter aufschrauben. Zollstock zur Hand nehmen und messen, wie weit der Achsbolzen aus dem Achskörper herausschaut.
Die Mutter auf das Ende des Achsbolzens aufschweißen. Hoher Strom, ordentlich durchschweißen, die hier später auftretenden Kräfte liegen gut im zweistelligen Tonnenbereich. Wer nicht ordentlich schweißt, merkt das daran, dass nur die Gewindestange wieder herauskommt, aber nicht der Achsbolzen.
Die Gewindestange gründlichst (!) einfetten, z.B. mit MoS2-Fett von Antriebswellen. Ohne Einfetten wird die Aktion garantiert in die Hose gehen, weil das Gewinde festfrißt. Das 235 mm lange Metallrohr darüberstülpen, danach die Einzelteile vom Radlagerabzieherkasten darüberbasteln (Druckplatte, Axiallager, noch mehr Druckstücke, am Ende noch eine M22-Mutter).
Hierdrauf jetzt den 32mm-Schlüssel setzen und dann drehen, drehen, drehen. Das gibt dicke Arme. Man wird dazu sicherlich eine Rohrverlängerung von 1,50 bis 2 Meter Länge benötigen. Die aufzubringenden Drehmomente sind weit jenseits von 500 Nm, das ist also definitiv nichts für kleine 1/2-Zoll-Steckschlüssel. Gutes Werkzeug ist das A und O. Wenn die Gewindestange irgendwann zu weit rauskommt, um die Mutter noch mit der Nuß drehen zu können, löst man die Mutter wieder und legt weitere Druckplatten aus dem Radlagerabzieher-Kasten darunter, bis die Mutter wieder am Ende des Gewindes ist, und das Spiel geht weiter.
Wenn man alles richtig gemacht hat, hat man nach etwa einer halben Stunde schweißtreibender Dreherei so etwas vor sich liegen...
Und im Radhaus sieht es so aus.
Achtung. Das Querrohr der Hinterachse hält mit den beiden seitlichen Armen der Traverse nur durch den Achsbolzen zusammen und ist jetzt auf einer Seite lose. Daher, falls man beide Achsbolzen erneuern muß, seitenweise vorgehen, sonst liegt das Querrohr unten und ist vermutlich nur sehr schwierig wieder passgenau zu montieren. Einseitig lose ist kein Problem.
Neuen Achszapfen montieren
Nun baut man sich eine Zugvorrichtung, um nach gleichem Prinzip den neuen Achsbolzen in seinen Sitz hineinzuziehen. Den Sitz sollte man vorher gründlich reinigen (Schmirgel, insbesondere auch im Querrohr), danach Bremsenreiniger, dann einfetten. Sollte man im Querrohr Wasser vorfinden, wie bei mir, dieses so gut es geht entfernen (Druckluft, Heissluftfön). Den neuen Achsbolzen in der Nacht vorher ins Gefrierfach legen, dann schrumpft er ganz minimal ein, was dem leichteren Einpressvorgang zuträglich ist.
Dann baut man sich das Einziehwerkzeug.
Man nehme die 22 mm-Rundstange und schneide sie auf eine geeignete Länge zu (genaues Maß am Fahrzeug abnehmen). An einem Ende (1) wird die Platte aufgeschweißt mit einem kurzen Zapfen dran, den man auch aus der Rundstange zuschneidet.
Die Rundstange 2 mit dem Rest der Gewindestange 3 verschweißen. Achtung, ordentlich schweißen! Da sind nachher über 15 Tonnen Zug drauf. Zu Position 4 gleich noch mehr, man kann das erstmal "ohne" versuchen.
Über den Achsbolzen der Gegenseite das 235 mm-Rohr stülpen und das Einziehwerkzeug durch das Querrohr der Hinterachse schieben. Auf den Zapfen steckt man ein weiteres Rohr zum Abstützen, damit sich das Einziehwerkzeug nachher nicht mitdreht.
Auf der anderen Seite die Gewindestange gründlichst(!) einfetten. Darüber schiebt man dann: neuen Achsbolzen, Druckstücke vom Radlagerabzieher, Mutter M22. Achsbolzen richtig herum ansetzen, er ist nicht symmetrisch! Und dann: drehen, drehen, drehen. Wenn das Gewinde zu weit herausschaut, nächstes Druckstück vom Radlagerabzieher unterlegen und weiter. Achtung: auch hier treten weit über 500 Nm auf, ordentliches Werkzeug verwenden!
Idealerweise sollte sich der Achsbolzen auf diese Weise ganz hineinziehen lassen. Achtung: nicht zu tief einpressen, es gibt da keinen Anschlagpunkt. Das richtige Maß sollte man vorher abgenommen haben, oder man holt es von der Gegenseite. Bei mir waren es 107 mm. Das Querrohr zuvor so in Position bringen, daß sich der Bolzen gerade hineinziehen läßt. Ggf. Wagenheber unterstellen. Darauf achten, daß der Bolzen auch wirklich gerade hineingezogen wird und nicht verkantet.
Falls die M22-Gewindestange dabei aufgibt und auch eine neue Mutter nicht hilft, kommt jetzt der LKW-Radbolzen zum Einsatz.
Diesen vorne an die Gewindestange anschweißen, danach kann man mit der LKW-Radmutter weiterdrehen. (Im Bild weiter oben Position 4). Auch hier vorher gründlichst einfetten.
Vorteile: 10.9er Festigkeit gibt so schnell nicht auf. Das Feingewinde bringt noch mehr Zugkraft. Und die Radmutter hat mehr Gewindegänge, kann also noch höhere Drehmomente übertragen.
Nachteil: man "darf" wegen der feineren Gewindesteigung noch mehr drehen und der Arbeitsweg ist kleiner, weil das Gewinde nicht so lang ist. Man muß also öfter weitere Druckstücke vom Radlagerabzieher unterlegen. So schlimm ist das aber auch nicht.
Der Lkw-Radbolzen läßt sich nach gleichem Prinzip übrigens auch zum Herausziehen des Achsbolzens einsetzen, falls es oben mit der 22er-Gewindestange allein nicht klappen sollte. Auch die Ausziehkraft wird damit auch nochmals deutlich höher.
Danach sieht es im Idealfall so aus.
Schwingarme überholen und Lager wechseln
Was jetzt kommt, ist eigentlich "nur noch Fleiß".
Die alten Lager mittels Hammer und Splinttreiber aus den Schwingarmen heraustreiben. Vorsicht, dabei nicht den Lagersitz im Schwingarm beschädigen. Die Lagersitze gründlichst entrosten, auch die Fläche davor, wo später die Dichtung zu sitzen kommt. Drahtbürste oder besser eine rotierende Bürste auf der Bohrmaschine (Schutzbrille!).
Lagersitze reinigen (Druckluft, Bremsenreiniger) und einfetten. Schließlich will man nicht, daß die Lager festrosten, vielleicht will/muß man sie irgendwann doch noch einmal wieder ausbauen. Die Kerbverzahnung der Drehstäbe ebenfalls gründlich reinigen und –für spätere Zerlegbarkeit- mit Kupferfett, Schrauben-/Bremsenpaste o.ä. bestreichen.
Die Dichtflächen an den Hebeln der Stabilisatorstange nicht vergessen, gründlich reinigen und einfetten. Man kann/sollte auch gleich die ganze Stange einfetten, hat den Vorteil, daß sie nicht mehr rosten kann.
Die neuen Lager mittels Radlagerabzieher in ihren Sitz einziehen. Keinesfalls mit dem Hammer eintreiben, dabei würde man sie unter Garantie beschädigen. Danach die Lager auch noch einmal innen gut einfetten und die Dichtung außen einsetzen.
Zusammenbau in umgekehrter Reihenfolge.
Die Achsbolzen beidseits gründlich reinigen und dann einfetten. Nacheinander beide Schwingarme wieder ansetzen und unter leichten Auf- und Ab-Bewegungen unter "sanften" Hammerschlägen wieder auf die Achsbolzen auftreiben. Eine zweite Person auf der Gegenseite ist dabei sehr hilfreich, die dafür Sorge trägt, daß der Drehstab wieder an seinen richtigen Platz zurückkehrt. Mit Zollstock prüfen, daß auch die richtige Höhe wieder eingestellt wird, schließlich wollen wir hier keine einseitige Tieferlegung machen.
Dann die Exzenterscheiben wieder montieren. Danach die Stoßdämpfer, Bremssättel, Beläge, Halterungen wieder anschrauben, ABS-Sensoren anstecken, Räder dran – fertig. :-)
Fragen und Anregungen jederzeit willkommen.
Wer's nachmachen will – viel Erfolg beim Schrauben :-)
Viele Grüße
Thomas
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